ELECTRONIC MEDIA & VISUAL ARTS

2011

Call for Papers

Die Veranstaltungsreihe der EVA-Konferenzen hat sich mit ihren Standorten in Berlin, Florenz, London und Moskau als ein europäisches Forum für Anwender, Entwickler und Vermittler elektronischer Informations- und Kommunikationstechniken im Kulturbereich etabliert. Innovative Digitalisierungs- und Verbundprojekte sowie neue technische und strategische Medienangebote für Museen, Bibliotheken und Archive werden in fachübergreifenden Zusammenhängen vorgestellt. Gemeinsam ist ihnen die enge Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Technik. Es ist der Anspruch des Programms, den jährlich aktuellen Entwicklungen eine Präsentationsplattform zu bieten und auf gemeinsame Erfahrungs- und Wahrnehmungspotentiale aufmerksam zu machen.

Es mag deshalb überraschen, wenn auf der 18. Berliner EVA Konferenz ein sehr altes Medium in die Thematik einführt. Das monumentale Pergamon-Panorama auf der Berliner Museumsinsel bedient sich traditioneller dreidimensionaler Visualisierungstechniken, die schon seit dem 18. Jahrhundert nahezu industriell perfektioniert wurden. Die totale Illusion, die den Betrachter inmitten der panoramatischen Rekonstruktion umfängt, basiert auf künstlerischer Perspektivdarstellung und einer detaillierten Kenntnis des menschlichen Wahrnehmungsapparats. Als immersiver Illusionsraum ist das Panorama gleichwohl ein Urahn heutiger Computer Aided Virtual Environments (CAVEs), die es in Großmaßstäblichkeit und illusionistischer Wirkung womöglich übertrifft.

Google’s Art Project, das uns virtuelle 360 Grad Rundgänge durch 17 weltbekannte Museen anbietet, bedient sich dagegen neuester technischer Verfahren, die erst im Street View Project entwickelt wurden. Die Anwendung dieser Technik im hermetisch empfundenen, kustodial geschützten Raum des Museums ist dabei so folgerichtig wie verblüffend. Neben werbestrategischen, vermarktungsökonomischen und rechtlichen Aspekten werden museumsethische und medientheoretische Fragen aufgeworfen. Verändert die mächtige Gigapixeltechnik mit stufenlosem Zooming bis in die Leinwandstruktur der Werke hinein die Erwartungshaltung des Publikums? Unterstützt die schonungslose Nahsicht einen wünschenswert hierarchiefreien Bildgebrauch, oder liegt eine subversive Absicht zu Grunde? Werden die schönsten Zeugnisse hochkulturellen Selbstverständnisses auf beliebigen Rechnern einer konsumorientierten Flüchtigkeit ausgeliefert? Jedes neue Medium löst neben Begeisterung offenbar auch Sorge aus. Schon die Kritiker der Panoramakunst des 19. Jahrhunderts mahnten dauerhaften Realitätsverlust beim Publikum durch ein Übermaß an Illusionismus an.

Neben den 2- und 3-dimensionalen Visualisierungstechniken bilden kognitive Wissensräume den Schwerpunkt des Programms. Netzbasierte Wissenschaftskooperationen und kollaborative Arbeitsplattformen stellen sich vor. Neue Wege zur Vernetzung im Kulturerbesektor, etwa im Zusammenhang des Europeana Portals, werden unter dem Stichwort „Linked Data“ beschrieben. „The Semantic web done right“ lautet Tim BernersLees Definition dieses Konzepts, das heute eine interdisziplinäre Nachnutzbarkeit ursprünglich spezialisierter, insularer Informationsangebote über das Internet ermöglichen soll. Für Museen, Bibliotheken und Archive liegt darin die Chance, nicht nur die eigenen Daten signifikant anzureichern, sondern sie über den fachbezogenen Erschließungsanlass hinaus verfügbar und in freier Kombinatorik nutzbar zu machen. Um die Diskussion und vielleicht auch die Etablierung unterstützender Strukturen anzuregen, widmet die Berliner EVA-Konferenz dem Konzept der „Linked Data“ einen ganztägigen Workshop, der methodische, daneben aber auch ganz praktische und konkrete Ansätze darstellt.

Programm: Visualisierung und digitale Archive

Moderation & Organisation:
Regine Stein (Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte Bildarchiv Foto Marburg)

Beschreibung:

“The Semantic Web done right!” lautet Tim Berners-Lees Beschreibung des “Linked Data” Konzepts, das die Interoperabilität, Nachnutzbarkeit und vor allem die Wiederauffindbarkeit der Daten unserer Wissensgesellschaft im unendlichen Speicher des Internets verbessern kann.

Die aussagekräftige Vernetzung der im Web verfügbaren Information gewinnt tatsächlich nicht nur angesichts der Fülle der Angebote an Bedeutung, sondern erfährt durch die Aufbereitung als Linked Data eine entscheidende qualitative Anreicherung. Qualifizierte, formalisierte, automatisch auswertbare und damit neu kombinierbare Verknüpfungen nicht nur zwischen ganzen Webangeboten oder einzelnen Seiten, sondern zwischen kleinsten Informationseinheiten – Daten – sollen die Zukunft des Internet prägen, das „Web of Data“. Was verbirgt sich dahinter? Dieser Frage wird in diesem Workshop auf verschiedenen Ebenen nachgegangen.

In der gegenwärtigen Landschaft netzbasierter Informationsangebote stehen die zum Teil hochspezialisierten oder insularen Datenbanken und Verbünde mit ihren je eigenen Suchstrategien und Resultatsets, Datenstrukturen und Schnittstellen weitgehend unverbunden für sich. Für die breite Zugänglichkeit und die nachhaltige Nutzung dieser spezifischen Angebote liegt darin jedoch ein Problem. Wie lassen sich die Informationen so aufeinander beziehen, dass mit technischen Mitteln verschiedene Quellen gleichzeitig genutzt werden können? Welche Möglichkeiten zeichnen sich ab, eine über den aktuellen, oft fachbezogenen Erschließungsanlass hinausgehende Nachnutzbarkeit zu erreichen sowie die eigenen Daten anzureichern?

Teil I:     Linked Data Tutorial 

Der erste Teil bietet eine grundlegende Einführung in das allerorten propagierte Linked Data-Konzept mit besonderem Augenmerk auf die relevanten Aktivitäten im Kulturerbesektor – welcher Stand ist bislang erreicht, welche Aspekte sind besonders zu berücksichtigen?

Linked Data im Kulturerbesektor: Eine Einführung in Techniken und Praxis  (Link zur PPT)
Regine Stein (Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte Bildarchiv Foto Marburg)

Teil II:      Ansätze zur praktischen Umsetzung

Im zweiten Teil des Workshops werden konkrete Ansätze und erste Schritte zur praktischen Umsetzung des Linked Data Konzepts aufgefächert und diskutiert.

Linked Open Data als Konzept in einer Forschungsbibliothek 
Dr. Thomas Stäcker (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel)

Fallbeispiel Ornamentstichsammlung der Kunstbibliothek Berlin: Von der Digitalisierung zum Portal
Tobias Helms (Verbundzentrale des GBV, Göttingen)

Der Datengarten – Kollaborative Pflege von Norm- und Metadaten
Mathias Schindler (Wikimedia Deutschland, Berlin)

Kommunikation für Experten: Kulturelle Gedächtnisorganisationen und vernetzte Arbeitsgemeinschaften (Link zur PPT)
Thomas Tunsch (Staatliche Museen zu Berlin)

9:30     Eröffnung

Prof. Dr. Günther Schauerte (Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz)

9:40     Eingeladener Vortrag: Pergamon-Panorama: Eine audio-visuelle Rekonstruktion der antiken Metropole

Dr. Stephan Oettermann (Asisi Visual Culture GmbH, Berlin)

 

10:10     Session 1: Sichtbar machen

Moderation: Dr. Andreas Bienert

Pixel und Pinselstriche – Die Staatlichen Museen zu Berlin in Googles „Art Project“

Simon Rein (Staatliche Museen zu Berlin)

Medienfassade PSD Münster 3.0

Prof. Norbert Nowotsch (Fachhochschule Münster)

Linked Data: Aktuelle Entwicklungen im EU-Projekt Linked Heritage und rund um Europeana

Regine Stein (Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte Bildarchiv Foto Marburg)

MaX – Museums at Public Access and Participation: Europäische Vernetzung von Museen und ihren Besuchern

Martin Koplin, Claudia Kurzweg, Helmut Eirund (Hochschule Bremen)

Augmented Reality Kinderguide für das Museum für Islamische Kunst

Christian Bunk¹, Andreas Günther¹, Dennis Kluge¹, Stefanie Fellner¹, Jessica Sandrock¹, Johanna Schreiber¹, Prof. Dr. Jürgen Sieck¹, Dr. Susan Kamel²
(1Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, ²Museum für Islamische Kunst)

 

14:30     Session 2: Online gehen

Moderation: Dr. Christian Bracht

Verbundprojekt „Bildatlas: Kunst in der DDR“

Daniel Burckhardt (Humboldt-Universität zu Berlin), Matthias Speidel (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam)

International Dunhuang Project. Die Berliner Turfansammlung in der IDP-Database

Dr. Simone-Christiane Raschmann (Akademie der Wissenschaften zu Göttingen)

German Sales 1930-1945. Art Works, Art Markets and Cultural Policy

Dr. Astrid Bähr, Dr. Joachim Brand (Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin)

 

16:15     Session 3: Digitale Archive

Moderation: Prof. Dr. Gerd Stanke

DUST_BW: Detection of dust and scratches on photographic silver halide material by dark field illumination and crossed polarization

Giorgio Trumpy, Andreas Wassmer, Rudolf Gschwind (Universität Basel)

Geschichten in 3D. Scannen und Vermessen mesopotamischer Rollsiegel 

Dr. Barbara Feller (Vorderasiatisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin)

Multimediale Digitale Archive und Oral History

Jan Rietema (Freie Universität Berlin)

Der Refine!-Editor: Ein webgeschütztes Werkzeug zur kollaborativen Transkription, Indexierung und Online-Präsentation von Archivbeständen

Gregor Middell (Julius-Maximilians-Universität Würzburg), Christian Thomas (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften)

  • Allgemeines Künstlerlexikon Online, Paintings in Museums Online, Museums of the World
    De Gryuter, Berlin
  • DFG-Projekt Sandrart.net – Netzbasierte Forschungsplattform zur Kunst- und Kulturgeschichte des 17. Jahrhunderts 
    Kunstgeschichtliches Institut der Goethe-Universität Frankfurt am Main & Kunsthistorisches Institut Florenz – Max-Planck-Institut
  • DaCaPo: Ein System zur Inhaltserfassung von Zeitungen 
    Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik, Berlin
  • Bilddatenbank Pictura Paedagogica Online und andere digitale Angebote der BBF 
    Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung, Berlin
  • SALSAH – eine virtuelle Forschungsumgebung für die Geisteswissenschaften 
    Imaging & Media Lab, Universität Basel
  • MIMO Musical Instruments Museum Online
    Ethnologisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin
  • Apps & Co.: Neue Kommunikation für eine neue Zeit 
    3-point concepts GmbH, Berlin
  • Analoge und digitale Archivierung 
    E. Staude GmbH, Dresden
  • Professionelle High End Imaging Systeme für Fotografen, Fotostudios, Mediendienstleister und Museen/Archive 
    XKONTOR MEDIA SUPPLIES, Seevetal / Hamburg
  • Digitale Assets effizient erzeugen und verwalten
    CDS Gromke e.K., Leipzig
  • Hochauflösende Digitalisierung mit PENTACON-Scannerkameras
    Pentacon GmbH Foto- und Feinwerktechnik, Dresden
  • HDTV – ikonoMenasa & ikonoTV – Kunstbetrachtung im medialen Zeitalter
    ikono, Berlin
  • Dokumentarische Bearbeitung fotografischer Sammlungen für die digitale Bereitstellung als Datenbank
    Bildarchivare, Berlin
im Pergamon Museum auf der Museumsinsel 
 
Das Pergamon-Panorama: Eine audio-visuelle Rekonstruktion der antiken Metropole 
 
Ausklang und Gespräche bei einem kleinen Imbiss

9:30     Session 1: Interaktive Medien

Moderation: Prof. Dr. Dorothee Haffner

Zur Ästhetik interaktiver Medien – Hypervideo im Spannungsfeld zwischen Usability und Design
Dr. Peter Hoffmann, Prof. Dr. Gerrit Kalkbrenner, Prof. Dr. Michael Lawo (TZI, Universität Bremen)

Art Portals and Social Software – a Project Report
Slawomir Nikiel, Lukasz Dopierala (University of Zielona Góra)

RFID-Anwendung im Museum – Neue Formen der Mediendidaktik und der Besucherforschung
Sandra Lodde, Jürgen Sieck (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin), Karin Schmidl (Staatliche Museen zu Berlin, Generaldirektion – Besucher-Dienste)

Analyse der Tags einer Kunst Folksonomie
Martin Weingartner, Max Arends, Josef Froschauer, Doron Goldfarb, Dieter Merkl  (Technische Universität Wien)

Speculative Archiving && Experimental Preservation of New Media Art
Nina Wenhart (Interface Cultures Lab, Kunstuniversität Linz)


12:00     Session 2: Fallstudien

Moderation: Dr. James Hemsley

SALSAH – eine virtuelle Forschungsumgebung für die Geisteswissenschaften
Tobias Schweizer, Lukas Rosenthaler (Universität Basel)

Vermittlung kunstgeschichtlicher Inhalte durch die Kontextualisierung von Kunstwerken im explorARTorium
Max Arends, Josef Froschauer, Doron Goldfarb, Dieter Merkl, Martin Weingartner (Technische Universität Wien)