ELECTRONIC MEDIA & VISUAL ARTS

2008

Call for Papers

Die Digitalisierung des kulturellen Erbes steht heute im Zentrum deutscher und europäischer Kultur- und Forschungspolitik. In dem umfangreichen Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ wird sie als Pflichtaufgabe öffentlicher Museumsträger bezeichnet, und weitere Anstrengungen zur elektronischen Inventarisierung sowie digitalen Archivierung der Sammlungsobjekte werden angeregt. Eine Bund-Länder-Initiative zum Aufbau der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) entwickelt zugleich unter Einbindung zahlreicher Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen ein breites Online-Angebot wissenschaftlich relevanter und für die Bürgerinnen und Bürger attraktiver Bestandsinformationen. Der Reichtum aus Bibliotheken, Archiven und Museen soll gemeinsam mit wissenschaftlichen Informations- und Mediensets digital erfasst und über das Internet für jedermann erreichbar werden. Um darüber hinaus die informationstechnischen Ressourcen europäischer Kultur und Wissenschaftseinrichtungen enger zusammenzuführen und multimedial zu vernetzen, wird die DDB als nationales Zugangsportal in das 2006 vom Europäischen Rat beschlossene Rahmenprojekt der Europäischen Digitalen Bibliothek (EDB) eingebunden. Die Berücksichtigung komplexer Nutzerbedürfnisse, weitreichende Datenintegration, Barrierefreiheit, sachliche Vielfalt, Multilingualität und organisierte Wissensstrukturen gelten darin als programmatische europäische Antwort auf die Herausforderungen der Mediengesellschaft.

Museen, Bibliotheken und Archive sind auf diese Entwicklungen gut vorbereitet oder hatten sogar teil an ihrer Begründung und Ausrichtung. OPACs, Online Repräsentanzen, Cyberdepots und Points of Information erweitern seit langem die Vermittlungsangebote selbst der kleineren Einrichtungen. Der erste Mosaic Internet-Browser, daran sei einmal erinnert, wurde 1993 über das Demo-Dokument einer kunsthistorischen Ausstellung der Australian National University eingeführt. Elektronische Displays und Video-Animationen, Virtual Guides und Mobile Digital Assistants fehlen heute in kaum einem Ausstellungsrundgang und treffen auf ein Publikum, dessen Medienkompetenz nicht nur vorausgesetzt, sondern herausgefordert werden möchte. Moderne Museumskommunikation nutzt alle verfügbaren Informationskanäle, um Aufmerksamkeit zu binden, Besucher anzuziehen und den Bildungsangeboten eine neue Attraktivität zu verleihen.

Dennoch herrschen auch erkennbare Defizite. Einzelne Digitalisierungsprojekte der letzten Jahre scheinen proprietäre Insellösungen geblieben zu sein oder haben sich von vornherein als spezialisierte, allein den Erfordernissen des eigenen Buch-, Archiv- oder Sammlungsbestands verpflichtete Einzelanwendungen verstanden. In anderen Fällen wurde vielleicht auch der anfängliche Mehraufwand gescheut, den eine regelwerkskonforme Erzeugung interoperabler, austauschfähiger Daten in der Dokumentation nach sich zieht. Leicht verständlich bei engen Budgets, die oft wenig Spielraum für den Aufbau nachhaltiger Strukturen oder von Verbundlösungen bieten. Sieht man von den großen Bibliotheksverbünden einmal ab, bewegt sich jedenfalls die Vernetzung der nationalen Datenangebote im Kulturbereich auf einem quantitativ und qualitativ noch ausbaufähigen Niveau. Insbesondere die cross-sektorielle Kooperation zwischen Bibliotheken, Archiven und Museen sowie der Austausch zwischen den einzelnen Museumssparten wird immer wieder als Desiderat angemahnt.

Um die Etablierung unterstützender Strukturen in dieser Kommunikation zu fördern, stellt die Berliner EVA-Konferenz 2008 die Vernetzungs- und Vermittlungs-Thematik in den Mittelpunkt. Am Konferenztag widmen sich mehrere Vorträge ausgewählten Beispielen der Vernetzung heterogener Daten sowie der Erarbeitung und Akzeptanz von museumdat, dem aktuellen Metadaten-Harvesting Format für die Museumswelt. Die Auseinandersetzung mit den institutionellen Konsequenzen medialisierter Vermittlungsstrategien wird zudem in einem Workshop und an konkreten Beispielen intensiviert. Dass wir daneben auch neuen Techniken der virtuellen Rekonstruktion, dem E-Commerce sowie den Neuen Märkten gebührenden Platz einräumen, ergibt sich aus der Tradition der EVA-Konferenzen. Sie sind das jährliche Forum, auf dem wesentliche praxisnahe Verfahren der Informationstechnik dem Fachpublikum vorgestellt und vorgeschlagen werden.

Program: Virtual Reconstruction

Presentation:

Dr. Alexander Geschke (Preservation Academy GmbH, Leipzig)

Description:

Aus verschiedenen Blickwinkeln wird die enge Verflechtung von Information und Informationsträger diskutiert. Gerade die häufig einseitige Favorisierung des Digitalisats bis hin zum „Ersatz“ für das Original erfordert sowohl eine kritische Analyse wie auch Neuansätze für die Bewertung und die Erfassung des komplexen Systems Papier-Schrift.
Die Kopplung von geisteswissenschaftlicher Forschung und naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden bildet eine spannende Herausforderung und Chance für die Lösung von Problemen des Verstehens, der Nutzung und Erhaltung unseres geistig-kulturellen Erbes.

Papier lügt nicht – alte und neue Medien am Kunsthistorischen Institut in Florenz

Dr. Costanza Caraffa, Dr. Jan Simane (Kunsthistorisches Institut in Florenz – Max-Planck-Institut, Florenz)

Probleme und Lösungsansätze bei der Dokumentenerfassung

Dr. Wolfgang Schade, Karola Witschurke, Karsten Neß, Mark Alinski (Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e.V., Berlin)

Papierverfall – chemische Veränderungen erkennen und stoppen

Prof. Dr. Antje Potthast (Department für Chemie, Universität für Bodenkultur, Wien)

Paper and Digital Encoding: Toward Self-Explaining Codes

Florian Müller, Peter Fornaro, Rudolf Gschwind (Imaging & Media Lab, University of Basel)

The Sinaitic Glagolitic Sacramentary Fragments

Florian Kleber, Markus Diem, Maria Vill, Martin Lettner, Robert Sablatnig, Heinz Miklas, Melanie Gau (Vienna University of Technology)

Presentation:

Dr. Andreas Bienert (Staatliche Museen zu Berlin)

Description:

Online Repräsentanz, Cyberdepot und Points of Information gelten heute als selbstverständliche Vermittlungsangebote internationaler Museen. Binnen weniger Jahre haben elektronische Displays und interaktive Animationen, Virtual Guides und Digital Mobile Devices ihren festen Platz im Ausstellungswesen erobert. Diese Erfolgsgeschichte wurde von offensiven Erwartungen getragen: der ehrwürdigen Institution zeitgemäße Attraktivität zu sichern, den Objekten ihren Kontext und dem Besucher Aufklärung und Assoziationsfreiheit! Und diese Erwartungen scheinen sich bestätigt zu haben. Dass die Hegemonie der neuen Kommunikationsmedien darüberhinaus substantielle Veränderungen unserer Wahrnehmung bewirken würde, war zwar abzusehen, rückt aber als vermittlungspraktische und theoretische Herausforderung erst allmählich in den Blickpunkt. Die liquide Verfügbarkeit universaler Bildwelten öffnet den kontingenten Rahmen planvoller, Jahrhunderte lang verbindlicher Sammlungsstrategien. Jede Menge alternativer Kontexte stehen mit einem Schlag bereit. Zugleich verändern sich unsere Sehgewohnheiten. Der individuellen, oft als intim erlebten Zwiesprache des Betrachters mit dem Objekt steht eine wesentlich konfektionierte, vermittelte und oft eventgesteuerte mediale Wahrnehmung entgegen. Werden sich die vertrauten „Teddybären“ der Erinnerung (Odo Marquard über die Museen) zu medialen Cyborgs auswachsen?

Knowledge, Hypermedia Design & Museen
Dr. Harald Krämer (Universität Konstanz & Universität Bern)

Die Digitale Galerie in der Gemäldegalerie – Erfahrungen nach 10 Jahren
Prof. Dr. Arthur Engelbert, Prof. Winfried Gerling (FH Potsdam)

Mediatisierung und Vermittlung? Praxis, Chancen und Risiken digitaler Medien in der Ausstellungskommunikation
Dr. Stefan Weppelmann (SMB-Gemäldegalerie, Berlin)

Museale Schätze multimedial und interaktiv erleben
Jens Reinhardt (FHTW Berlin), Katrin Wolf (FHTW Berlin), Prof. Janett Mohnke (FHTW Berlin, TFH Wildau), Prof. Jürgen Sieck (FHTW Berlin)

Störfaktor oder Kulturträger: Über neue Bilder in den Städten
Prof. Norbert Nowotsch (FH Münster)

9:30     OPENING

Prof. Dr. Heinrich Schulze (Altcappenberg Direktor des Kupferstichkabinetts – Staatliche Museen zu Berlin)

9:40     EINLEITUNGSVORTRAG

Die Datenbank des DHM zum ‘Sonderauftrag Linz’: Der digitalisierte Raub und multimediale Scheinwirklichkeit des Nationalsozialismus
Prof. Dr. Monika Flacke, Dr. Brigitte Reineke (DHM Berlin), Dr. Angelika Enderlein (BADV Berlin), Dr. Hanns Christian Löhr (Berlin) 

10:10     ERSCHLIESSEN UND VERNETZEN

Moderation: Dr. Andreas Bienert (Staatliche Museen zu Berlin)

Digitale Erschließung graphischer Bestände des Herzog Anton Ulrich-Museums Braunschweig und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Dr. Thomas Döring (Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig), Torsten Schaßan (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel)

museumdat – das Metadaten-Harvesting-Format für Museumsobjektdaten und seine Anwendung in der Praxis
Regine Stein, Angela Kailus (Bildarchiv Foto Marburg, Philipps-Universität Marburg)

Die Sammlung der historischen Glasplattennegative der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg – online
Dr. Bettina Giersberg, Sabine Göttsche (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam)

Isolation and Identification of Identical Watermarks within Large Databases
Hector Moreu Otal, Jan C. A. van der Lubbe (Delft University of Technology, The Netherlands)

Access Strategies for Online Archives of Media Art
Dietmar Offenhuber, Gabriele Blome (Ludwig Boltzmann Institute Media.Art.Research, Linz, Austria)

14:30     VIRTUELLE REKONSTRUKTION

Moderation: Prof. Dr. Alfred Iwainsky (GFaI, Berlin)

ReAnimation in 3D – Eine virtuelle Reise durch vergangene Welten. Die Weimarer Wilhelmsburg
Kai Fischer (Bennert Restaurierungen GmbH, Utzberg/Weimar)

Virtual Reconstruction of Medieval Zielona Góra – a Case Study
Dr. Slawomir Nikiel, Tomasz Zawadzki, Pawel Filipczuk (University of Zielona Góra, Poland)

Virtuelle Rekonstruktion und multimediale Präsentation einer mittelalterlichen Staue des Heiligen Johannes
Ramona Mrugalla (Ansbach), Prof. Christian Barta (Fachhochschule Ansbach), Dr. Arnulf v. Ulmann (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg)

Automatisierte Verfahren der digitalen Bildverarbeitung für 3D-Objektdokumentation
Sebastian Vetter, Gunnar Siedler (Fokus GmbH Leipzig)

16:20     E-COMMERCE UND NEUE MÄRKTE

Moderation: Dr. Harald Krämer (Universität Bern)

Museumsdienstleistungen online vermarkten
Isa Hofmann (x:hibit GmbH, Berlin)

Verwertungs- und Vermarktungsmöglichkeiten von digitalisierten Kulturgütern – Beispiele und Ausblick
Christoph Deeg (Editura GmbH, Berlin)

Antenna Audios MauerGuide – der offizielle GPSgestützte Multimedia-Guide zur Berliner Mauer
Rosemarie Wirthmüller (Antenna Audio GmbH, Berlin)

e-commerce beim Bund? Der Webshop des Bundesarchivs und seine Nutzung
Dr. Oliver Sander (Bundesarchiv, Berlin)

Patterns for Museums
René Noack (Christian-Albrechts-Universität Kiel)

in Foyer Kulturforum at Potsdamer Platz

„Unsterblich! Der Kult des Künstlers“
Führung durch die Sonderausstellung zur Inszenierung abendländischer und außereuropäischer Künstlermythen

Ausklang und Gespräche bei einem kleinen Imbiss

Presentation: Dr. James Hemsley (EVA Conferences International, UK)

The Hidden Dimension in the Use of Information Technology
PD Dr. Thomas Mandl (Universität Hildesheim)

Artworks as Networks. Sharing Creativity in City-making
Maria Prieto (University of Camillo Jose Cela, Madrid)

Ein immersives räumliches Gruppenerlebnis durch dramaturgische Integration einer filmischen Handlung
Ralf Böse (FH Schmalkalden), Ulrike Spieling (FH Erfurt), Hans-Georg Struck (Askania Media Filmproduktion),Sandra Brix (FhG-Institut für Digitale Medientechnologie, Ilmenau)

Video in Different Media Contexts
Dr. Hans W. Giessen (Universität des Saarlandes, Saarbrücken)

Die Schöne und das Tier: Semantic Web und Wikis
Dr. Thomas Tunsch (Staatliche Museen zu Berlin)

www.photographicnegatives.net:
Ein Wiki als Werkzeug für die Erhaltung historischer, fotografischer Negative

Prof. Martin Koerber (FHTW Berlin), Katrin Pietsch (Nederlands Fotomuseum, Rotterdam)

Web 2.0-Technologien für ein mobiles, multimediales Museum
Manuela Feist, Matthias Prellwitz, Jürgen Sieck (FHTW Berlin)